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Ein sicherer Anfang – Die Kita-Eingewöhnung liebevoll begleitet

  • Autorenbild: Johanna
    Johanna
  • 2. Aug.
  • 7 Min. Lesezeit

Wenn dein Kind mit der Krippe oder Kita startet, verändert sich einiges. Es ist ein bedeutsamer Entwicklungsschritt – emotional, sozial und kognitiv. Je feinfühliger dieser Übergang gestaltet wird, desto sicherer und gestärkter kann dein Kind daraus hervorgehen.



Kindergarten Eingewöhnung
© Mylittlesprout

Warum die Kita-Eingewöhnung mehr ist als Organisation


Übergänge in neue Betreuungssettings zählen zu den sogenannten "life transitions", also tiefgreifenden Veränderungen im Leben eines Kindes. Laut Bronfenbrenners ökosystemischem Ansatz wirken sich diese Übergänge nicht nur auf das Kind selbst aus, sondern auch auf seine Beziehungen und sein gesamtes Lebensumfeld.


Eine gut vorbereitete Eingewöhnung ermöglicht es, diesen Übergang als kontinuierliche Bindungserfahrung zu gestalten, nicht als abrupte Trennung.

Wissenschaftlich betrachtet gilt der Eintritt in die Kita als "transition event" mit langfristigen Auswirkungen auf emotionale Sicherheit, Stressregulation und Bildungsbiografie.


Der Start in die Krippe oder Kita bedeutet auch Abschied nehmen von einem vertrauten Alltag und gleichzeitig die Tür zu neuen Erfahrungen, Freundschaften und Entwicklungsmöglichkeiten zu öffnen.


Kinder spüren, wenn sie diesen Übergang nicht allein gehen müssen. Wenn Du Deinem Kind Sicherheit gibst, ihm Zeit lässt, sich einzugewöhnen, und seine Gefühle liebevoll begleitest, kann dieser neue Lebensabschnitt zu einem stärkenden Erlebnis werden.


Ein sanfter Start beginnt nicht erst am ersten Tag, sondern schon Wochen davor, mit kleinen Gesprächen über den neuen Ort, dem Betrachten von Fotos oder einem Spaziergang zur Einrichtung. So wächst langsam Vertrauen, und Dein Kind darf neugierig und mutig in sein neues Abenteuer aufbrechen.



Bindung bei Kleinkindern – das emotionale Fundament für die Entwicklung


Bindung ist das unsichtbare Band, das ein Kind mit seinen Bezugspersonen verbindet. Sie entsteht nicht über Nacht, sondern durch unzählige kleine Momente: wenn du auf das Weinen deines Kindes reagierst, es tröstest, lachst, mit ihm spielst oder einfach da bist. Besonders im Kleinkindalter, etwa zwischen dem ersten und dritten Lebensjahr, entwickelt sich Bindung zur vollen Blüte. In dieser Phase sind Kinder besonders sensibel für Nähe, Verlässlichkeit und emotionale Resonanz.


Sie erkunden zunehmend ihre Umwelt, kehren aber immer wieder zur sicheren Basis zurück. Diese sichere Basis hilft Kindern, sich in der Welt zurechtzufinden, Herausforderungen zu meistern und emotionale Sicherheit zu entwickeln.


Studien zeigen: Kinder mit sicherer Bindung zeigen mehr Selbstvertrauen, sind sozial kompetenter, lernen leichter und regulieren Stress besser. Bindung ist also keine reine Gefühlssache, sie ist ein zentraler Schutz- und Entwicklungsfaktor.


Gleichzeitig ist es wichtig zu wissen: Bindung ist kein starres Konstrukt. Sie entwickelt sich im Alltag, kann sich festigen, aber auch verändert oder gestärkt werden, besonders durch feinfühlige Begleitung in Übergangsphasen wie der Kita-Eingewöhnung.


Wenn dein Kind beim Abschied weint oder sich an dich klammert, dann zeigt es Bindung. Es sagt mit seinem Verhalten: „Du bist meine sichere Basis.



Feinfühligkeit als Schutzfaktor


Feinfühligkeit bedeutet, die Signale des Kindes wahrzunehmen, richtig zu deuten und prompt sowie angemessen darauf zu reagieren. Diese elterliche Haltung ist besonders in Übergangsphasen wie der Eingewöhnung entscheidend.


Studien zeigen: Viele Kinder, deren Eltern feinfühlig reagieren, zeigen weniger Trennungsangst und öffnen sich schneller gegenüber der neuen Umgebung. Auch pädagogische Fachkräfte können durch liebevolle, einfühlsame Begleitung zur neuen sicheren Basis werden und so die emotionale Stabilität des Kindes stärken.


Wichtig zu wissen: Auch Kinder mit sehr guter familiärer Bindung können große Schwierigkeiten mit der Trennung haben. Gerade weil sie eine sichere Bindung aufgebaut haben, erleben sie den Abschied besonders intensiv, und das kann Trennungsschmerz auf beiden Seiten auslösen. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Beziehungstiefe.



Bindung und Gehirnentwicklung – warum Sicherheit so zentral ist


In den ersten Lebensjahren entwickeln sich zentrale Hirnstrukturen, die für Stressregulation, Impulskontrolle und soziale Kognition zuständig sind. Frühkindliche Bindungserfahrungen wirken wie ein Puffer gegen Überforderung. Eine sensible, schrittweise Eingewöhnung schützt das kindliche Nervensystem.


Studien zeigen: Wenn Kinder sich sicher und geborgen bei ihren Eltern oder Bezugspersonen fühlen, können sie sich besser konzentrieren, mit Gefühlen wie Wut oder Frust umgehen und langfristig erfolgreicher lernen.



Jedes Kind ist anders – und das ist gut so


Kein Kind gleicht dem anderen. Manche erkunden die neue Umgebung selbstbewusst und mit großer Neugier. Andere brauchen intensive Begleitung. Das liegt nicht an "richtig" oder "falsch", sondern am individuellen Temperament, an bisherigen Beziehungserfahrungen, Entwicklungsschritten und an der Art, wie Kinder mit neuen Situationen umgehen.


Die Forschung zeigt: Kinder bringen ganz unterschiedliche Voraussetzungen mit in die Eingewöhnung. Es gibt temperamentvolle, kontaktfreudige Kinder mit hohem Explorationsdrang – und ebenso sensible Kinder, die neue Situationen erst einmal lange beobachten und verarbeiten müssen. Auch die Fähigkeit zur Selbstregulation ist unterschiedlich ausgeprägt.


In Phasen in denen der Trennungsschmerz sehr groß ist, ist es besonders wichtig, dass Eltern und Fachkräfte als Team zusammenarbeiten. Wenn alle Beteiligten offen kommunizieren, auf Signale achten und regelmäßig ins Gespräch gehen, kann viel Sicherheit entstehen, auch wenn die Eingewöhnung länger dauert oder herausfordernd ist.


Ein ehrlicher Austausch über Fragen wie:

  • Wie erlebt mein Kind gerade die Eingewöhnung?

  • Was tut ihm gut, was überfordert es?

  • Welche Rituale helfen?

  • Wie geht es uns Eltern mit der Trennung?

…ermöglicht individuelle Lösungen, die wirklich zum Kind passen.


Die Eingewöhnung ist ein gemeinsamer Prozess, getragen von Geduld, Vertrauen und einem offenen Herzen.



Das Kind im Zentrum – zwei bewährte Eingewöhnungsmodelle im Vergleich


Viele Einrichtungen arbeiten nach zwei erprobten Konzepten: dem Berliner Modell und dem Münchner Modell. Beide orientieren sich an bindungstheoretischen Grundlagen und haben das Ziel, Kindern einen sicheren Start zu ermöglichen.



Berliner Modell

Das Berliner Modell ist eine bewährte Methode zur sanften Eingewöhnung von Kindern in die Kita (Krippe), berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse des Kindes und folgt einem klar gegliederten Ablauf:


  • Vorbereitungsphase: Eltern werden in einem Vorgespräch über den Ablauf informiert.

  • Grundphase: Eltern begleiten das Kind in den ersten Tagen, bleiben aber im Hintergrund.

  • Erste Trennung: Etwa ab dem vierten Tag erfolgt ein kurzer Trennungsversuch.

  • Stabilisierungsphase: Die pädagogische Fachkraft übernimmt zunehmend Verantwortung.

  • Schlussphase: Das Kind bleibt zunehmend selbstständig in der Einrichtung.


Dieses Modell gibt Orientierung und Sicherheit.


Studien belegen, dass eine feinfühlig durchgeführte Eingewöhnung zu einer messbaren Reduktion von Stresshormonen führt.



Münchner Modell

Das Münchner Modell legt den Fokus auf die aktive Rolle des Kindes.


  • Vorbereitung: Vorgespräch, gegebenenfalls individueller Kita-Fahrplan.

  • Eingewöhnung: Eltern und Kind nehmen gemeinsam am Gruppengeschehen teil.

  • Sicherheitsphase: Die Fachkraft übernimmt erste Aufgaben, Eltern ziehen sich langsam zurück.

  • Vertrauensphase: Erste kurze Trennungen erfolgen, sobald das Kind aktiv Kontakt zur Fachkraft aufnimmt.

  • Reflexionsphase: Gemeinsames Abschlussgespräch.


Dieser Ansatz eignet sich besonders für sensible und beobachtende Kinder.


Studien zeigen das die aktive Mitgestaltung das Gefühl von Selbstwirksamkeit und emotionaler Sicherheit stärkt.



Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Beide Modelle haben zum Ziel, eine stabile Bindung zwischen Kind und Fachkraft aufzubauen, das Kind emotional zu stabilisieren und es beim Hineinwachsen in die Gruppe zu begleiten. Das Berliner Modell bietet eine klar strukturierte Orientierung, während das Münchner Modell noch stärker auf die individuellen Signale und das Tempo des Kindes eingeht. Entscheidend ist nicht, welches Modell gewählt wird, sondern wie liebevoll und bedürfnisorientiert es umgesetzt wird.



Eltern stärken – ein oft übersehener Teil der Eingewöhnung


Die Eingewöhnung betrifft nicht nur Kinder, auch Eltern gehen durch einen tiefgreifenden Wandel. Es ist völlig normal für Eltern, traurig, unsicher oder ambivalent zu sein. Vielleicht spürst du einen Kloß im Hals, wenn du dein Kind weinend zurücklässt. Oder du zweifelst, ob das wirklich der richtige Zeitpunkt ist.

All das darf sein.


Trennungsschmerz ist kein Zeichen von Schwäche, sondern Ausdruck von Bindung. Wenn du deine Gefühle anerkennst und gut für dich sorgst, bleibst du innerlich stabil, und das gibt deinem Kind Halt.


Kleine Auszeiten wie ein Spaziergang, ein Telefonat mit einer Freundin oder ein Moment der Ruhe können dir helfen, in Balance zu bleiben.


Manchmal hilft auch ein Perspektivwechsel: Vielleicht klappt die Trennung für dein Kind leichter mit einer anderen Bezugsperson , etwa dem anderen Elternteil oder einer nahen Bezugsperson. Das ist kein Scheitern, sondern ein liebevoller Lösungsweg!



Fazit: Eingewöhnung ist Beziehungsarbeit – keine Prüfung


Die Eingewöhnung ist kein Test, weder für dich noch für dein Kind. Sie ist eine Phase der Beziehung, des Wachsens und des Vertrauens. Wenn dein Kind erlebt: "Ich werde gesehen. Ich darf traurig sein. Ich bin sicher.", dann entsteht ein starkes Fundament – für soziale Beziehungen, fürs Lernen, fürs Leben.


Du bleibst der sichere Hafen. Auch dann, wenn dein Kind erste mutige Schritte in eine neue Welt macht!







Stand: 08/2025

Quellen:


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